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HEIZUNG KAPUTT! WAS JETZT TUN?


19. März 2018
Heizung kaputt! Was jetzt tun?


Heizung kaputt! Was jetzt tun?
Köln – Im Büro von Günter Hinz (52) laufen die Telefone heiß. Hinz besitzt einen Fachbetrieb für Sanitär- und Heizungstechnik in Köln-Sülz und kann sich vor Aufträgen kaum noch retten. „Seit einem halben Jahr nehmen wir keine Neukunden mehr auf “, sagt er. 50 bis 60 Prozent der Anfragen müsse er mittlerweile ablehnen.

Hinz und seine Kollegen sind in einer komfortablen Position, die allerdings einen ernsten Hintergrund hat: Für Handwerkerbetriebe wird es immer schwieriger, geeignete Fachkräfte zu finden. Da gleichzeitig die Auftragslage beständig steigt, sind die Kunden die Verlierer – denn sie müssen teilweise monatelang auf einen Termin warten.
Das Handwerk: Bis 2010 galt es noch das Sorgenkind der deutschen Wirtschaft. Doch dann die Wende. Ermutigt durch stetig sinkende Zinsen, wollen immer mehr Menschen bauen oder ihr Heim sanieren. „Dieses Jahr erwarten wir ein Wachstum von bis zu drei Prozent", sagt Ortwin Weltrich (62) von der Handwerkskammer zu Köln. Ähnliche Zahlen erwartet man bei der Handwerkskammer Düsseldorf. „Der Zuwachs könnte noch größer sein, aber viele Betriebe arbeiten am Kapazitätslimit und wirken als Wachstumsbremse", sagt Hans-Jörg Hennecke (46).

Markt ist leergefegt

Besonders viele Aufträge gehen derzeit bei Sanitär- und Elektrikerbetrieben ein. Diese Berufsstände haben mit einer Arbeitslosenquote von zwei Prozent praktisch Vollbeschäftigung. Das ist gleichzeitig auch das Problem: Betriebe wollen weitere Fachkräfte einstellen – doch der Markt ist schlicht leer gefegt. Wer als Kunde kleinere und nicht ganz so lukrative Aufträge vergeben möchte, muss lange warten. „Derzeit haben wir Auslastungszeiten zwischen acht und zwölf Wochen – im Durchschnitt", sagt Weltrich. Einige Betriebe greifen daher zu ungewöhnlichen Mitteln. „Bei kleineren Reparaturen werden die Kosten extra so hoch angesetzt, dass die Kunden freiwillig verzichten", sagt Erik Uwe Amaya (37) vom Verband Haus & Grund.

Fragwürdige Praktiken

Diese sogenannten „Abwehrangebote" wirken wie eine Art Schutz für die Handwerker. Entweder, man kann sich die Anfahrt sparen – oder man verdient mit einem kleinen Auftrag richtig gutes Geld und es lohnt sich trotzdem. Abwehrangebote kommen für Sanitär-Fachmann Günter Hinz nicht in Frage. „Mondpreise entsprechen nicht unserer Philosophie." Ohnehin gebe es Anfragen, die absolute Dringlichkeit hätten, betont er. „Wenn uns ein Kunde wegen eines Rohrbruchs anruft, dann können wir das nicht erst in zwei Wochen erledigen. Dann müssen wir das eben dazwischen schieben und sofort kommen."

Nachwuchs fehlt

Doch wie wird man der Auftragsflut Herr? Eine Möglichkeit wäre, verstärkt auf Auszubildende zu setzen. Doch geeigneter Nachwuchs bleibt aus. „Auszubildende zu finden, ist nicht schwer, gute Auszubildende dagegen schon", sagt Hinz. „Es mangelt an Qualität und Motivation."Angelo D'Imperio (52), der als „Brausebär" einen Sanitärbetrieb in Braunsfeld führt, wird deutlicher: „Es ist ein Grauen. Von 20 Bewerbern kannst du 18 direkt wieder nach Hause schicken."
In seinen 14 Jahren, in denen er Nachwuchs ausbilde, habe er stets die gleichen Erfahrungen gemacht, sagt D'Imperio. „Nur wenige haben die Qualität und den Willen. Wenn nach der Ausbildung ein, zwei Leute im Betrieb bleiben, ist das schon sehr gut."Dabei sei das Handwerk durchaus ein lukratives Gewerbe, betont Kollege Hinz. „Die Verdienstmöglichkeiten sind jetzt schon gut und werden noch besser."

Artikel von Martin Henning, Sebastian Oldenburg, Charlotte Gross